ORTungen 2002: Orte im Wandel — Radbod


Zeche Radbod, Hamm

Gruppenausstellung | 14. 7. – 14. 8. 2002

All diejenigen, die im Ruhrgebiet in der Nähe von Zechen und Kokereien aufgewachsen sind, kennen die Problematik bis weit in die 1970 Jahre hinein. Wenn der Wind ungünstig stand, lohnte es sich nicht Wäsche draußen auf die Leine zu hängen: der überall gegenwärtige Ruß ließ sie schnell wieder schmutzig werden.

Die inzwischen zum Mythos gewordener Erfahrung ist Anlass für Yvonne Roeb, an die Stelle des alten Förderseils eine überdimensionale Wäscheleine zwischen Maschinenhaus und Förderturm zu spannen. Die Zeche gleichsam ökologisch gewandelt, umgeben von sauber Luft, wird zum Wäschepfahl, zum Trockner umdefiniert. Die Politik der hohen Schornsteine und der Wandel des Ruhrgebiets von der Schwerindustrie hin zu sauberen regenerativen Technologien hat offenbar Wirkung gezeigt. Kann die gewissenhafte Hausfrau nun unbeschadet ihre Wäsche draußen aufhängen?

Drei große Leinentücher, davon zwei mit im Kreuzstich bestickten Initialen als Hommage an ehemalige Steiger des Radbodunglücks hängen als Wäschestücke über einer Leine.

Wenn der Wind geht, reißen die Elemente geradezu symbolisch am Fuße des Förderturms – wie Segel blähen sich die Tücher auf, ziehen heftig klatschend am Seil, zerren fast bildhaft die Zeche aus dem Gewerbegebiet.

Yvonne Roeb entspannt das Seil dem Förderrad, enthebt es seiner Funktion, kappt es ab vom kohlefördernden Korb und trennt es gleichsam von seiner Geschichte. Wenn der Wind geht, verschwindet eine alte Vorstellung und es kommt ein neues treffendes Bild für den Ort im Wandel.

– Jürgen Lemke

Der Katalog „Orte im Wandel – Radbod“ mit Vorwort von Prof. Manfred Schneckenburger wurde von der Kunstakademie Münster herausgegeben (ISBN 9783928682343).

Im Rahmen der Gruppenausstellung wurde WENN DER WIND GEHT von Yvonne Roeb gezeigt. Drei große Stickereien auf Leinentücher, 400 x 280 cm, an die Leine gehangen, zwischen Fördergerüst und Dampfmaschinenhalle von Schacht 1 des Steinkohlebergwerks.

Beteiligte Künstler Ursula Achternkamp, Kinga Wanda Dunikowski, Kai Daniel Hörstensmeyer, Damaris Lipke, Kea Regina Pantel, Kiyoung Peik, YAT Roeb, Kathrin Schlegel und Stefan Silies.

Ausgestellt

Adresse

Zeche Radbod Schacht I / II
An den Fördertürmen
59075 Hamm
info@industriedenkmal-stiftung.de
https://www.ortungen.de

Öffnungszeiten

Außengelände frei begehbar

Literatur (1)

Manfred Schneckenburger: Orte im Wandel – Radbod, Münster [Kunstakademie Münster] 2003.