2021. Archiv der 1000 Freuden und Ängste – Counter-histories


Archiv der 1000 Freuden und Ängste

Counter-histories

Von DAGMAR SCHMENGLER und MICHAL MARKIEWICZ

Focaults Counter-history ist eine Methode in Form von Narrativen, die den Umgang mit gesellschaftlichem und kulturellem Wandel untersucht: Die Funktion des Gedächtnisses beispielsweise kann sich ändern, ebenso wie das Kalendariums oder des Archivs. Counter-history enthüllt, was verborgen, verzerrt oder maskiert wurde. Sie zeichnet sich durch eine strategische Mehrdeutigkeit sowie ihre Möglichkeiten an Zugangswegen aus, ist demnach zu beweglich, um mit einer Stimme zu sprechen. Sie ist auch mit Formen des Widerstandes verbunden. In diesem Projekt wird das Potenzial der visuellen Aktualität des Archivs aufgezeigt. Wie können wir uns ein visuelles Archiv vorstellen? Ist dieses überhaupt denkbar, wenn die Konstruktion eines Archivs per se darin besteht, zu dokumentieren und zu katalogisieren. Wenn das Wesen der Archivierung darin besteht, dass die Macht des Textes überhand hat und die dahinter verborgenen Erzählungen beherrscht? Ist es möglich, die Archivierung mit der Logik der Counter-history zu deregulierten, die zwei Welten – die private und die soziopolitische – umfasst?

Uns dient das Archiv oft als ein bestimmtes Modell, das die sozialen und/oder semiotischen Mechanismen repräsentiert. Doch insbesondere in zahlreichen bildkünstlerischen Praktiken wird die Existenz des Archivs greifbarer und verständlicher gemacht. Die Künstlerinnen und Künstler öffnen ihr Archiv für das Publikum, verorten es somit neu und zeigen es gleichzeitig als ein lebendiges Medium und beweglichen Ort. So werden Möglichkeiten offenbar, die historisch-systematische Konstruktion den vielgestaltigen Bildern, der individuellen Erfahrung und dem Zeitgeist unterzuordnen.