2025. Kunst in Altdöbern: Viele Highlights im Schloss – das erwartet Besucher


Lausitzer Rundschau, 15. Juli 2025

Kunst in Altdöbern: Viele Highlights im Schloss – das erwartet Besucher

von INGRID HOBERG

Beim 30. Rohkunstbau in Altdöbern stellen 19 Künstler unter dem Motto Ästhetische Wiederbewaffnung ihre Werke aus. Welche Überraschungen hält die Ausstellung bereit?

Lohnt sich der Weg nach Altdöbern – zum 30. Rohkunstbau unter dem Motto Ästhetische Wiederbewaffnung? Wer nicht im Ort oder gleich um die Ecke wohnt, stellt sich diese Frage vielleicht bei einem vielfältigen Sommer-Kulturangebot im Land. Mit einem klaren Ja! lässt sich darauf antworten, ohne ein Aber folgen zu lassen.

Dem Verein Freunde des Rohkunstbaus, der vor mehr als 30 Jahren mit jugendlicher Unbefangenheit gestartet war, um frischen Wind in die märkische Provinz zu blasen, ist es gelungen, Christoph Tannert als neuen Kurator zu gewinnen. Er war 24 Jahre lang künstlerischer Leiter des Kunsthauses Bethanien in Berlin-Kreuzberg und auch schon in der DDR von 1984 bis 1991 freiberuflich als Kritiker und Organisator von Ausstellungen tägig.

Rohkunstbau Altdöbern: Künstler ließen sich vom Ort inspirieren

Im Arbeitsprozess mit den 19 beteiligten Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschland und der internationalen Szene habe sich das Motto der diesjährigen Ausstellung ergeben, so Kurator Tannert. Ästhetische Wiederbewaffnung beziehe sich auf eine weltweite (Re)-Nationalisierung und (Re)-Ideologisierung von Kulturpolitik, die sich zunehmend als übergriffig gegenüber Kunst und Gesellschaft zeige. „Eine Rückbesinnung auf die Autonomie der Kunst ist unerlässlich“, sagt Tannert.

Und so vertraut die Ausstellung Ästhetische Wiederbewaffnung auf die Kraft der Kunst und ihr Vermögen, gegenhalten zu können gegen medial uniformierte Sehgewohnheiten und Verhaltensweisen. Der Kurator empfiehlt, „mit offenem Herzen und freigeräumten Gehirnkasten“ von Raum zu Raum zu wandeln, sich freizumachen, mit einem naiven Kinderblick zu schauen. „Ich bin gespannt, wie die Altdöberner reagieren“, sagt Christoph Tannert. Während der Aufbauarbeiten seien sie einander voller Respekt begegnet.

Aktuell gibt es ein Faltblatt mit knappen Informationen zu den Künstlern und ihren Objekten – im August soll der Katalog erscheinen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, sagt Inka Thunecke vom Verein Rohkunstbau. Dank der Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Niederlausitz kann der Verein den Katalog herausgeben und einen Film mit dem Rückblick auf 30 Jahre Festival produzieren.

Anwohner können Ausstellung Altdöbern gratis besuchen

Auch die Öffnungszeit am Freitag als Angebot nach Feierabend und zum Start ins Wochenende ist in diesem Jahr möglich. „Interessierte Schülerinnen, junge Leute engagieren sich für die Kunstausstellung“, sagt Inka Thunecke. Nicht zuletzt ist der Besuch der Exposition auch eine Gelegenheit, das Barockschloss einmal von innen zu besichtigen – ansonsten gibt es nur wenige Gelegenheiten wie den Tag des offenen Denkmals. Dann stehen meist lange Schlangen von Besuchern vor der Tür.

Durch Institutionen aus der Region kann in diesem Jahr ein Rabatt auf Eintrittskarten angeboten werden, so Inka Thunecke. Einige Museen der Region sind eingebunden. „Es lohnt sich, beim Besuch dort nach dem Rohkunstbau zu fragen“, empfiehlt sie. Einwohner der Gemeinde Altdöbern haben wie in den Vorjahren wieder freien Eintritt – aufgrund des begrenzten Zugangs zum Schloss werden auch sie gebeten, online Tickets zu buchen.

Ob Slapstik und Absurdität oder die Auseinandersetzung mit den Widersprüchen von Individuum und Masse, die Künstler nehmen auch die Kulturgeschichte des Schlosses wahr und relativieren sie mit ihrer Beziehung zur Wirklichkeit. Künstliche Rosen im Papierkorb, eine Installation, die eine Rückschau aus der Zukunft ist. Hinterlassenschaften wie Kartoffelsäckchen auf dem Fensterbrett und „Erdäppel“ im Treppenaufgang – der Besucher darf unbefangen schauen und sich seine Gedanken machen. So hofft es der Kurator.

Hollywood-Szenen aus der Badewanne zeigt Bianca Kennedy

Eine Arbeit, an der mancher lieber schnell vorbeigeht und nicht so genau hinschaut  – oder vielleicht gerade dabeibleibt, ist das Werk von Bianca Kennedy. Für „We’re all in this together“ hat sie eine 3-Kanal-Video-Installation konzipiert, in der aus 250 Filmen Badewannenszenen montiert wurden. Aus dem kindlichen, naiven Planschen wird ganz schnell das Leben in allen Facetten – bis zum Tod. Sollte es da am Eingang einen Hinweis darauf geben, dass auch Bilder zu sehen sind, die nicht „schön“ sind? „Gebadet wird immer – auch im Schloss!“, sagt der Kurator. Es handele sich um Ausschnitte aus Hollywood-Filmen, die jederzeit verfügbar sind. Warnschilder machen keinen Unterschied – so seine Erfahrungen aus dem Kunsthaus Bethanien. Die Video-Installation ist 14 Minuten lang. „4/5 sind fröhliches Geplätscher …“ Besucher sind selbstständig in ihrer Sehentscheidung.