2016. 5 Fragen an: Yvonne Roeb


Tip Berlin, Nr. 19/2016, SS 4 ff –
Persönliche Tipps von 12 Künstlern und Kuratoren

5 Fragen an: Yvonne Roeb

Die Künstlerin stellt unter dem Titel IM ÜBER ALL in der Scheringstiftung, Unter den Linden, ihre aus der Tier, Pflanzen- und Mineralienwelt entlehnten Mischwesen aus. Die Skulpturen aus Leder, Wachs, Gips oder Silikon spannen einerseits den Bogen zur klassischen Bildhauerei, knüpfen aber auch an den aktuellen Diskurs über das Mensch/Tier-Verhältnis an. Yvonne Roebt lebt und arbeitet in Berlin und Düsseldorf.

Yvonne Roeb, SHE WAS ONCE LIKE ME, Schering Stiftung

Was sollten wir während der Berlin ArtWeek auf keinen Fall verpassen?

Die abc lohnt einen Besuch und ist mit anderen Kunststmessen nicht vergleichbar. Gut finde ich z.B., dass jede Galerie nur einen einzigen Künstler ausstellt. Durch diese Verdichtung bekommt man einen viel umfassenderen Eindruck über das jeweilige Werk des Künstlers.

Wer Julia Stoscheks Video Sammlung aus Düsseldorf noch nicht kennt, sollte sich beeilen. Die Berliner Dependance ist scheinbar nur temporär.

Letztens wurde auch die Sammlung Feuerle eröffnet. Leider ist der untere Raum noch bis Mitte Oktober nur teilweise zugänglich. Ein Besuch der oberen Ausstellung lohnt sich aber dennoch in jedem Fall.

Natürlich würde ich mich freuen, wenn man auch meine aktuelle Ausstellung in der Schering Stiftung besucht. Nicht zuletzt, da die Stiftung und deren Leiterin HEIKE MERTENS eine großartige Arbeit leisten. Die Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft ist ein spannender Komplex, dem sich die Stiftung verschrieben hat. Es umfasst ein vielseitiges Programm, das von Vorträgen und Podiumsdiskussionen begleitet wird.

Welche Galerie, welches Haus macht im Moment ein besonders spannendes Programm?

Die immer noch recht junge Galerie KRAUPA-TUSKANY ZEIDLER im Berline Zeitungshochhaus hat sich in relativ kurzer Zeit nicht umsonst zu einer viel beachteten Galerie etabliert. Der Erfolg kommt durch und mit ihren Künstlern, die sehr in unserer Zeit verhaftet sind. Das gilt auch für die Galerie KOW in der Brunnenstraße. Es ist ein junges und engagiertes Team von Galeristen, denen man die Leidenschaft für die Kunst, die sie vertreten, auch wirklich abnehmen kann. Der Besuch ist sehr empfehlenswert und ein Kunstdiskurs mit ihnen absolut bereichernd und anregend.

Welche jungen Künstlerinnen und Künstler sollte man besonders im Auge behalten?

Schwer zu sagen … mich selbst natürlich. Spaß beiseite: ob Künstler jung oder alt sind, finde ich nicht entscheidend. Die Arbeit muss einen eigenen, ausgeprägten Kosmos haben. Das begegnet einem selten, aber zum Beispiel bei Berlinde de Bruyckeres Skulpturen, bei Anne Wenzels Keramiken, bei Toba Khedooris Zeichnungen, Pauline M’Bareks Videos oder Hilma af Klints Malerei kann ich das nachempfinden. Von Eva Kot’átkoá wollte ich sogar im Nachverkauf einer Auktion mal eine kleine Collage kaufen. Aber als Künstler hat man ja das Privileg, dass man Arbeiten untereinander tauschen kann.

Welche Werke in Berliner Museen finden Sie besonders wichtig, auch für Sie persönlich?

Die Sammlung Scharf-Gerstenberg mit seinen meist surrenden Exponaten finde ich großartig. Vor allem die Goya, Piranesi und Max Ernst Bilder dort sind wunderbar. Aber auch die Palindrome von André Thomkins finde ich spannend.

Die Kunstbibliothek im Kupfersichkabinett ist zwar kein Museum, aber mann kann dort trotzdem wahre Meisterwerke der Buchkunst und u.a. Grafiken von renommierten Künstlern finden. Mit zwei Tagen Vorankündigung kann man dann die Kleinode im Original betrachten. Sie werden extra dafür aus dem Archiv geholt (dort würde ich wirklich gerne mal Nachts versehentlich eingeschlossen werden).

Gute Ausstellungen finden auch in Haus am Waldsee statt. Das wunderbar gelegene Haus in Zehlendorf hat unter der Führung von KATJA BLOMBERG ein qualitativ hochwertiges Programm. Außerdem ist es fast wie ein Urlaubstag, wenn man die Innenstadt von Berlin verlässt und ins Grüne fährt.

Wo finden Sie in Ihrer Freizeit Inspiration außerhalb der Kunst?

Anregungen finde ich durch meine Reisen. In der Fremde wird der Blick fürs Wesentliche oft geschärft, denn auf neuem Gelände muss man viel mehr abwägen, bedachter sein und sich zu Anbeginn auch erstmal darauf einlassen können. Naturbeobachtungen sind mir ebenso wichtig. Aber vor allem erfahre ich beim Umgang mit meinen Tieren viel Inspiration. Jeden Tag passiert etwas Neues und ein kleiner winziger Baustein – Ach so ist das also… – kommt dazu.

Es wäre für mich schrecklich eines Tages aufzustehen und nicht mehr vom Leben überrascht zu werden.

Natürlich sind mir aber auch meine engsten Vertrauten ein Spiegel und eine Reflektionsebenen, die ich nicht missen möchte.